Mit einem deutlichen 6:0 beim Ostliga-Zweiten TC Grün-Weiß Nikokassee haben die 1. Herren vom TC Rot-Weiss Wahlstedt den Sprung in die Regionalliga geschafft, der dritthöchsten Liga in Deutschland.
Bereits vor der letzten Nordliga-Saison hatte das Team von Hauke Karstens nur das eine Ziel: Aufstieg! Auch wenn der Coach selbst nur von Punktspiel zu Punktspiel schauen wollte, konnte er die Euphorie seiner Truppe kaum bremsen. So war es auch selbstverständlich, dass alle acht Spieler des Kaders bereits am Freitag die Reise nach Berlin antraten, auf der Anlage ein letztes Training absolvierten und Karstens abends im Hotel seine Mannen final einstimmte. Absolut fokussiert auf die Begegnung traf der Wahlstedter Trupp bereits weit vor den Gegnern auf der idyllisch gelegenen Anlage von Nikolassee ein. Als die Heimmannschaft eintraf, stellte sich heraus, dass sie nicht in Bestbesetzung antraten. Es fehlten die erfahrenen Robert Bilak (Ungarn) und Jedrzej Zarski (Polen), die in der abgelaufenen Ostliga-Saison überaus erfolgreich auftrumpften. Spielführer Nicolas Bruns, der selbst auch nicht auflief, erklärte: „Wir wollen unseren talentierten deutschen Nachwuchsspielern eine Chance geben, die wir auch schon in der laufenden Saison in die Mannschaft integrierten. Das ist unsere Zukunft.“ So begannen auch die Wahlstedter vor einigen Jahren. 2015 noch nicht „reif“ für die Regionalliga, stiegen sie sofort wieder ab. Der Kern der Mannschaft blieb jedoch zusammen und entwickelte sich voran rasant weiter.
In der ersten Runde in Berlin mussten Leonard von Hindte, Pelle Boerma und Flemming Peters ran. Peters hatte gegen den jungen Oliver Olsson zunächst Starschwierigkeiten, lag im 1. Satz 1:3 hinten. Die Erklärung gab er später: „Als ich auf den Platz ging, hatte ich plötzlich einen Migräne-Anfall. Das habe ich leider manchmal aus heiterem Himmel.“ Seine Tablette dagegen hat er natürlich auch immer dabei. „Ab dem 1:3 wirkten die und dann liefs ja auch rund“, atmete Peters nach seinem 6:3, 6:1 Sieg tief durch. Gewohnt introvertiert und äußerlich ruhig ging Leonard von Hindte gegen Patrick Fleischhauer zu Werke. 6:4, 5:2 führte er bereits, als Fleischhauer alles auf eine Karte setzte und „Hopp oder Topp“ spielte. So gelangen ihm zahlreiche sensationelle Bälle, die von Hindte kurzzeitig aus der Fassung brachten, dieser aber mit 6:4 den Sack zu machte. Pelle Boerma fand gegen Joshua Kugel zunächst nur schwer ins Spiel. Er agierte zu zögerlich, hatte mit seiner Nervosität zu kämpfen. Das nutzte Kugel aus und gewann den 1. Satz 6:4. Doch von Binh Bui einfühlsam gecoacht steigerte sich Boerma, wurde mutiger, spielte offensiver. Mit 6:1 glich er aus. Der Match-Tiebreak war nichts für schwache Nerven. Mit 3:3 und 6:6 wurden jeweils die Seiten gewechselt. Doch dann schaffte Boerma das Mini-Break und siegte mit 10:7. Mit einem optimalen 3:0 ging es in die zweite Runde, in der es Tomas Charlos gegen den jungen Lukas Maskow besonders eilig hatte. „Tomas brannte schon die ganze Woche“, berichtet Karstens, „schon am Freitag und auch beim Einschlagen war der total in seinem Tunnel.“ Charlos hatte sich seinen Plan zurechtgelegt, den er gnadenlos umsetzte. „Mit den ersten Schlägen legte er sich seinen Gegner zurecht, spielte die Winkel frei, um dann dorthin sicher zu verwandeln“, erläuterte Karstens. 6:3, 6:1 sprechen eine deutliche Sprache. Der 17-jährige Osman Torski, immerhin Nummer 4 der deutschen U 18 Rangliste, war im Top-Spiel gegen George von Massow über weite Teile überfordert. „Da komm ich ja nicht mal ansatzweise ran“, ließ er seiner Verzweiflung freien Lauf. Mit 6:1, 6:4 gewann von Massow und brachte Wahlstedt damit uneinholbar mit 5:0 in Front. Der Aufstieg war geschafft! Aber typisch für den Wahlstedter Team-Spirit: Der Jubel fiel vergleichsweise bescheiden aus, schnell fanden sich alle am Court von Lukas Hellfritsch ein, um ihn in seinem Match gegen Philip Olsson anzufeuern. Das half: Mit 6:1, 6:2 siegte auch Hellfritsch. Nun kannte der Jubel keine Grenzen. Denn hinsichtlich der 6:0-Führung setzte der Oberschiedsrichter Lutz Jarbin die drei Doppel gar nicht mehr an.
Die Berliner gratulierten fair und handelten sich von Hauke Karstens ein Sonderlob ein: „Ein ganz sympathisches, junges Team mit viel Potential. Wenn die so zusammenbleiben, sind die in ein, zwei Jahren reif für die Regionalliga.“ Die Wahlstedter hingegen feierten ihre „Reifeprüfung“ bis in den frühen Morgen auf dem Hamburger Kiez.
TC GW Nikolassee – TC RW Wahlstedt 0:6
Osman Torski – George von Massow 1:6, 4:6; Patrick Fleischhauer – Leonard von Hindte 4:6, 4:6; Philip Olsson – Lucas Hellfritsch 1:6, 2:6; Joshua Kugel – Pelle Boerma 6:3, 1:6, 7:10; Lucas Maskow – Tomas Charlos 3:6, 1:6; Oliver Olsson – Flemming Peters 4:6, 1:6
Jörn Boller